Heute erst entdeckte ich eine Meldung über die EKD-Synode im November, in welcher es neben vielen anderen Themen über eine mögliche Neudefinition von Kirchenmitgliedschaft ging. Angesichts eines sich weiter ausdiffenzierenden Bildes von kirchlicher Bindung (unter Kirchenmitgliedern – siehe EKD-Mitglieder-Untersuchung V) soll ein Prozess angestoßen werden, über eine gestaffelte Mitgliedschaft nachzudenken, angefangen von einer „Schnupper-Kirchenmitgliedschaft“ bis hin zu den sehr Verbundenen. Die Mehrheit der EKD-Synodalen plädierte jedoch dafür, diesen Antrag von der Tagesordnung zu nehmen.
Die sonst angestoßene Diskussion darüber wäre als eine mögliche Antwort auf den beständigen Mitgliederschwund von etwa 200.000 Seelen pro Jahr (eher mehr als weniger) zu verstehen: Die Deutschen verlieren die Bindung an eine Kirche, die sich – mal rein evangelisch betrachtet – als Volkskirche zwar nicht mehr als eine Kirche des Volkes nennt, da sie mit weniger als 1/3 Bevölkerungsanteil nur noch eine Minderheit ist. „Eine Kirche für das Volk“ – so die aktuelle Lesart von Volkskirche heute – hat die allseits bekannten Schwierigkeiten, um die sich ausdifferenzierenden Sinus-Mileus in Deutschland abzudecken.
Kirche heute hat also bereits ein wachsendes Relevanz-Problem unter den Menschen, die sich zu ihr halten. Oft genügt schon eine Diskussion unter Freunden, eine schlechte Erfahrung mit der Institution Kirche oder deren Vertretern, um das Tischtuch vollends zu zerschneiden. Wer also hier darüber nachdenkt, aus dem Opt-out (also dem Austritt als nötigem Schritt) ein Opt-in (die Menschen also zum Eintritt oder zu einer engeren Verbinung zur Kirche) zu machen – also die Schwelle zum Austritt zu senken, muss wissen, was er damit lostritt: Steigende Entfremdung der Deutschen von der Kirche statt steigende Bindung. Dass das nicht gutgehen wird, kann jeder ahnen, der darüber nachdenkt, seinen Spenden-Dauerauftrag zu ändern. Kürzen geht immer schneller als erhöhen … Warum sollte es bei der Kirchenmitgliedschaft (samt Steuer) anders laufen?
Prinzipiell habe ich nichts gegen einen staatlichen Einzug der Kirchensteuer. Er schafft eine gewisse Planbarkeit, eine Laufruhe, vieles im kirchlichen und diakonischen Bereich wäre ohne das in Deutschland gar nicht möglich. Oder?
Prinzipiell habe ich aber auch nichts gegen eine freiwillige Finanzierung der Kirche. Sie stärkt die Abhängigkeit von dem Herrn der Kirche, die Bindung der Christen an ihre Gemeinde. Vieles spricht für dieses Zukunftsmodell. Allein, ein Blick in die Weltchristenheit zeigt, dass wir es in Deutschland mit einem Sonderfall zu tun haben, der von den fetten Jahres des Konstantinisches Kirchensystems zehrt.
Es ist in diesem Post für mich weniger eine Frage des „ob“, als vielmehr eine Frage des „wie lange“. Denn dass sich dieses System einmal überleben wird, kann angesichts der Austritts- und Sterbezahlen als sicher gelten. Allerdings bleiben uns als Kirche noch einige wertvolle Jahre, um bis zum Wegfall der Kirchensteuer neue Finanzierungswege zu entwickeln. Und es ist wohl Gnade Gottes, dass der Rückgang nur langsam vorangeht.
Wie wäre es hier mit einem engagierten Lernen von den Freikirchen? Denn hier gibt es – im Inland wie im Ausland – Bad, Good und Best Practice. Sie haben keine staatlich eingezogene Kirchsteuer, und siehe: Sie leben!
Nutzen wir die Zeit, um die Kirche vor Ort und regional auf das Wesentliche auszurichten: Die Menschen um uns herum zu lehren und zu begleiten, Gott heute zu begegnen und mit ihm ihr Leben zu leben. Nur heute.